Im Zusammenhang mit der Geschichte der Haarentfernung liest man häufig, dass das haarlose und gepflegte Körperbild seine Ursprünge bereits im alten Orient hatte Das mag auch so sein, doch die Doktorarbeit von Alexander Schug bringt bei dem Thema Haarentfernung noch einen weiteren wichtigen Aspekt zum Vorschein: die Beeinflussung der Werbung auf unsere Körperlichkeit, dem so genannten body management.
Körperpflege: body management in der Werbung
In Zeiten der Weimarer Republik (1918 bis 1933) nahm die Werbung bereits großen Einfluss auf ein verändertes Körperbewusstsein. Den Menschen wurde bildhaft vermittelt, dass gepflegte Menschen, die Haut und Haar hygienisch rein halten, erfolgreicher sind als andere: sowohl im Beruf als auch in der Familie. Frauen wurden von den Pflegeprodukt-Herstellern zusätzlich zu einer gründlichen Intimhygiene aufgefordert. „Frauen, die sich vernachlässigen, müssen es fast immer erleben, daß sie auch von ihren Männern vernachlässigt werden. Es ist der Frauen eigene Schuld“, hieß es zum Beispiel in einer Sagrotan-Anzeige. Ein erfülltes Eheleben war für Frauen demnach nur möglich, wenn der Intimbereich nicht nur sauber, sonder rein war.
Für Frauen gab es in dieser Zeit erstmalig die Wegwerfbinde von Camelia, die ebenfalls Frische und Reinheit versprach. Zudem konnte zu dieser Zeit die Transpiration wirkungsvoll bekämpft werden und es waren wieder die Frauen, denen die Werbung suggerierte, dass Schweißgeruch jeglichen „Sex appeal“ zerstört und deshalb empfohlen wurde, Vasenol-Körperpuder regelmäßig, vorsorglich, also immer anzuwenden.
Haare: body management in der Werbung
Auch volles Haupthaar sollte erhalten und gepflegt werden, dafür sorgten neue Shampoos, die ähnlich wie heute in der Werbung langanhaltendes Volumen und eine gut sitzende Frisur versprachen. Beim Thema Haupthaar war allerdings auch der Mann Zielgruppe der Werbenden, die mit Bildern von voller Haarpracht mehr Erfolg und Sicherheit im Leben suggerierten. Folgender Slogan sollte den Mann zur Anwendung eines Haarpräparats bewegen:
„Jugend und Schönheit sind vergänglich, aber jeder Mensch kann sich lange jung und schön erhalten, wenn er dafür sorgt, sein Haar in natürlicher Fülle zu erhalten“,
Mit der Angst vor Haarausfall ließ sich also bereits damals einen Haufen Geld verdienen.
Haarentfernung für den modernen Menschen
Ein glatter und haarloser Körper wurde von der Werbung ebenso ins rechte Licht gerückt. Eine dichte Körperbehaarung kam demnach einem Kulturdefizit gleich und auch wenn es bereits Methoden zur Haarentfernung gab, machte die Entwicklung von hochaggressiven Enthaarungscremes zum ersten Mal die Haarentfernung vor allem für Frauen leichter. Auch der Rasier-Pionier King Gilette erfand 1915 den ersten Damenrasierer, dem dann ein Doppelkopf-Rasierer und ein elektrischer Rasierer aus dem Hause Remington folgten. In dieser Zeit wurde auch die Elektrolyse entwickelt, bei der eine Nadel in die Haarwurzel eingebracht wurde und diese mit einem elektrischen Impuls zerstörte. Diese Methode wird auch heute noch angewandt.
Haarentfernung wurde immer beliebter
Mit der zunehmenden Freizügigkeit der Mode und der freien Körperkultur wurde auch die Körperbehaarung verpönt – bei Männern und Frauen. Die Werbung tat ihr Übriges dazu:
„So sehr ein schönes Kopfhaar schmückt, so sehr beeinträchtigen unerwünschte Härchen in den Achselhöhlen, in Gesicht und Nacken und an den Beinen frauliche Anmut“, hieß es zum Beispiel in einer Anzeige von 1931 für die Dulmin Enthaarungscreme.
Die Körperbehaarung konnte somit dem sozialen Ansehen schaden und die Entfernung der Haare war ratsam, um als attraktiv wahrgenommen zu werden.
Haarentfernung beim Mann
In der Weimarer Republik galt ein Bart beim Mann als unattraktiv, da der als Merkmal der vergangenen Epoche, dem deutschen Kaiserreich galt. Glatt rasierte Männergesichter dominierten also auch das Bild in der Werbung. Auch sonst gab es keine Werbebilder, auf denen behaarte Männer zu sehen gewesen sind, jedoch wurde die Haarentfernung am ganzen Körper für Männer nicht direkt beworben – sie entsprach aber dennoch der Idealvorstellung, wie sie die Werbung verbreitete.
Wer mehr über die Beeinflussg der Entwicklung unserer Gesellschaft durch die Konsumkultur lesen möchte, der kann das hier tun:
„Deutsche Kultur“ und Werbung – Studien zur Geschichte der Wirtschaftswerbung von 1918 bis 1945 – von Alexander Schug.
Ein Kommentar zu “Haarentfernung – ein gesellschaftlicher Rückblick”
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